Blitzlicht
Nadja Neumann

„Sie sind in jedem Wassertropfen auf unserem Planeten“

Ein Gespräch mit Mina Bizic
Die IGB-Forscherin Mina Bizic wurde auf den Lehrstuhl „Umweltmikrobiomik“ an der Technischen Universität Berlin (TU Berlin) berufen. Wir sprachen mit der Wissenschaftlerin, die sich in ihrer Arbeit den kleinsten Lebewesen im Wasser widmet.

Prof. Mina Bizic auf dem Stechlinsee. | Foto: privat

Frau Bizic, herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Professur an der TU Berlin. Was geht Ihnen zu Ihrer neuen Position durch den Kopf?

Es war ein langer und anspruchsvoller Weg. Ich habe mich schon sehr lange auf diesen Schritt vorbereitet. Eigentlich habe ich fast mein ganzes Leben darauf hingearbeitet. Deshalb bin ich unglaublich froh, dass ich den Sprung von der projektfinanzierten Forscherin zur fest an einer Universität verankerten Professorin geschafft habe. Und das sogar im Dual-Career-Modell, denn auch mein Partner hat eine Stelle an der TU-Berlin angenommen. 

Und auf was freuen Sie sich besonders?

Besonders freue ich mich auf die Lehre. Dazu hatte ich bisher kaum Gelegenheit. Ich liebe das Unterrichten und den Kontakt zu den Studierenden. 

Und ich werde auf wunderbare Weise meine alte wissenschaftliche Heimat mit meiner neuen verbinden: Meine erste eigene Lehrveranstaltung an der Universität wird den praktischen Teil am IGB absolvieren. Eigentlich fand der Praxiskurs immer woanders statt. Aber jetzt sollen meine Studierenden das IGB mit seinen vielfältigen Möglichkeiten an Methoden und Infrastruktur und seinen faszinierenden Forscherinnen und Forschern kennen lernen.

Das Fachgebiet, das Sie jetzt an der TU Berlin leiten, heißt „Umweltmikrobiomik“. Sie bleiben also Ihrem Thema, der Erforschung der kleinsten Lebewesen, treu? 

Ja, genau, ich konzentriere mich nach wie vor auf Mikroorganismen, also Bakterien, Viren, Pilze oder auch Phytoplankton, also Algen und Cyanobakterien. Und vor allem auf die Kleinlebewesen, die in Gewässern vorkommen: Also Seen, marine Systeme, und ab jetzt auch Höhlen. Die Abteilung hieß früher Umweltmikrobiologie. „Mikrobiomik" soll nun deutlich machen, dass es vor allem auch um neue molekulare Methoden geht. Und dass nicht die einzelnen Organismen im Mittelpunkt stehen, sondern ihr Zusammenspiel. 

Was fasziniert Sie an Mikroben?

Genau dieses Zusammenspiel: Mikroorganismen sind überall, auch im kleinsten Wassertropfen. Und obwohl sie so winzig sind, sind sie in ihrer großen Zahl mitverantwortlich für viele wichtige Prozesse in unserer Umwelt, in den Nahrungsnetzen, im Kohlenstoffkreislauf. Sie spielen also auch eine Rolle beim Klimawandel und bei der Anpassung.

Diese Rolle kann aus menschlicher Sicht durchaus ambivalent sein – gut oder schlecht. Zum Beispiel das Phytoplankton im Wasser: Es kann Kohlenstoff binden aber auch Methan freisetzen. Die Balance dieser Prozesse interessiert mich sehr. Und ja, wie wir alle wissen, können Mikroorganismen krank machen, aber sie können auch Bier, Käse und Wein produzieren und in unserem Darm dafür sorgen, dass wir das als Nahrung nutzen können. Abgesehen von der anthropozentrischen Sicht sind sie als winzige Lebenseinheiten mit ganz individuellen, coolen Eigenschaften und Anpassungsmechanismen einfach unglaublich spannend.

Weil Sie vorhin von Höhlen sprachen, haben Sie schon Mikroorganismen in Höhlen erforscht, was ist an ihnen besonders?

Ich habe Mikroorganismen in der Movile Höhle in Rumänien untersucht, die über fünf Millionen Jahre von der Außenwelt abgeschnitten war und so auch keinen Kontakt zur Atmosphäre hatte. Ich war einer der wenigen Menschen, die dort hinein konnten. Die Höhle zeichnet sich durch ein einzigartiges Grundwasser-Ökosystem aus, das reich an Schwefelwasserstoff und Kohlendioxid, aber arm an Sauerstoff ist. Das Leben in der Höhle basiert vollständig auf Chemosynthese und nicht auf Photosynthese. Und in diesem einzigartigen Nahrungsnetz spielen die dort lebenden Bakterien im Stickstoff- und Schwefelkreislauf eine wichtige Rolle. Wie ich schon sagte, es sind einfach coole Kreaturen!

Sie haben vorhin angedeutet, dass der Karriereweg lang ist und viel Zuversicht und Durchhaltevermögen erfordert. Welche wichtigen Schritte können Sie dem wissenschaftlichen Nachwuchs mit auf den Weg geben?

Da kann ich nur für mich sprechen. Aber mir hat zum Beispiel das Leibniz-Mentoring-Programm sehr geholfen. Netzwerke generell, aber in dieser Karrierephase sind Netzwerke speziell für Frauen sehr wichtig, weil es vielleicht noch nicht so viele weibliche Vorbilder im eigenen Umfeld gibt. Ich möchte mich auf jeden Fall auch selbst beim Leibniz-Mentoring engagieren, aber diesmal als Mentorin. Ich habe dort so positive Erfahrungen gemacht, die ich gerne weitergeben möchte. Also, meine ermutigende Botschaft: Lassen Sie sich von Ihrer Leidenschaft für die Wissenschaft leiten, auch wenn die Wege manchmal dunkel und steinig sind. Bleiben Sie in Kontakt mit anderen, bauen Sie auf Ihre wissenschaftlichen Netzwerke und Gemeinschaften und geben Sie Ihre Träume nie auf!

 

Liebe Frau Bizic, wir danken Ihnen für das Gespräch und wünschen Ihnen viel Freude und Erfolg in Ihrer neuen Position.

Ansprechpersonen

Mina Bizic

Eigene Stelle (DFG)
Forschungsgruppe
Aquatische mikrobielle Ökologie
Forschungsgruppe(n)

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