Blitzlicht
Angelina Tittmann

Nanoplastik kann parasitäre Infektionen beeinflussen

Plastik in der Umwelt ist ein globales Problem; vor allem in kleinster Form als Mikroplastik oder als Nanokunststoff. Es gibt immer mehr Hinweise für die schädlichen Wirkungen von Nanoplastik auf einzelne Organismen. Aber es ist weitgehend unklar, ob und wie die winzigen Kunststoffteilchen das Zusammenspiel von Arten beeinflussen und dadurch zu ökologischen Schäden führen. Ein Team um Prof. Justyna Wolinska vom IGB hat die Wirkung von Polystyrol-Nanopartikeln auf die Wirt-Parasit-Interaktionen am Beispiel verschiedener aquatischer Kleinstlebewesen und dessen Parasiten untersucht. Die Forschenden zeigen, dass Nanokunststoffe den Verlauf einer Erkrankung verändern können.

Nanoplastik kann die Interaktion von Wasserlebewesen stören. | Foto: Shutterstock, Dotted Yeti

Jährlich werden über 350 Millionen Tonnen Kunststoffe produziert (PlasticsEurope 2022), von denen ein erheblicher Teil schließlich als Müll in Binnengewässern und später irgendwann im Meer landet. Die Wirkung von Plastik auf aquatische Ökosysteme ist daher ein dringliches Forschungsthema.

Nanokunststoffe (NPs) – Partikel kleiner als 100 Nanometer – sind besonders besorgniserregend, denn sie können Zellmembranen überwinden, in Organe eindringen und sich in Organismen akkumulieren. Diese Gefahr wird durch die mögliche Adsorption von Schadstoffen verstärkt, welche die Toxizität der Kunststoffteilchen verstärken können. Es ist bekannt, dass Nanokunststoffe für eine Reihe von aquatischen Arten schädlich sind, aber ihre ökologischen Folgen sind noch unklar.

Nanopartikel mindern Infektionen von Cyanobakterien

In einer ersten Studie hatte das Forschungsteam bereits 2021 den Einfluss von Nanokunststoffen auf die Interaktion von Cyanobakterien und einem parasitären Pilz untersucht. Die Ergebnisse zeigten, dass Nanopartikel aus Polystyrol in hohen Konzentrationen nicht nur das Wachstum von Cyanobakterien hemmen, sondern auch Aggregate auf ihrer Oberfläche bilden, wodurch Infektionen mit parasitären Pilze behindert werden.

Wasserflöhe erkranken häufiger, wenn sie  Nanoplastik ausgesetzt sind

Kürzlich veröffentlichte das Team um Justyna Wolinska die Ergebnisse einer weiteren Studie, für die sie Zooplankton (Daphnia magna) einer unterschiedlichen Belastung mit Nanopartikeln aussetzten und Einzel- und Ko-Infektionen mit zwei verschiedenen Parasitenarten erfassten. Die Forschenden fanden heraus, dass es von der Art des jeweiligen Parasiten abhängt, ob und wie stark Nanoplastik das Infektionsgeschehen beeinflusst: Bei einer geringen NP-Belastung, die keine direkten negativen Folgen für den Wirt hatte, waren die Infektionsraten entweder stark erhöht (Metschnikowia) oder leicht behindert (Ordospora).

"Unsere Ergebnisse deuten zum einen darauf hin, dass verschiedene Parasitenarten widersprüchliche Reaktionen auf einen bestimmten Umweltschadstoff zeigen können. Außerdem fanden wir Hinweise darauf, dass Nanoplastik die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass Wasserflöhe gleichzeitig an beiden Parasiten erkranken. Die Verschmutzung mit Nanoplastik könnte somit die Koexistenz von Parasiten begünstigen", erklärt Paula Schlösser, die die Studie im Rahmen ihrer Masterarbeit am IGB durchgeführt hat.

Plastikverschmutzung mit weitreichenden Folgen

Der Verlauf einer Infektionskrankheit wird durch die Wechselwirkungen von Wirt, Erreger und ihrer gemeinsamen Umwelt gesteuert. "Die Ergebnisse beider Studien belegen, dass die Nanoplastik-Verschmutzung nicht nur das Phytoplankton und Zooplankton, sondern auch deren Parasiten beeinflusst, und damit die Art und Weise, wie die Arten in aquatischen Systemen miteinander interagieren",  ergänzt Co-Autor Florent Manzi.

"Das veränderte Zusammenspiel aquatischer Organismen löst Kaskadenprozesse im Ökosystem aus, etwa auf Nährstoffkreisläufe und Wirtsevolution. Daher warnen wir mit unseren Ergebnissen vor weitreichenden Folgen der Plastikverschmutzung für aquatische Ökosysteme", betont Justyna Wolinska.

 

Den Artikel über Cyanobakterien in Environmental Pollution lesen >

Die Studie über Daphnien in Philosophical Transactions B lesen >

Ansprechpersonen

Justyna Wolinska

Programmbereichssprecher*in
Forschungsgruppe
Evolutionsökologie von Krankheiten