Wenn sich auf dem Elektrophorese-Gel ein langer Schweif wie bei einem Kometen abzeichnet, ist das für IGB-Forscherin Dr. Dagmar Frisch kein gutes Zeichen: Der so genannte Kometen-Assay zeigt dann an, dass die untersuchte Zelle einen hohen Grad an Schäden im Erbgut aufweist. Geschädigte DNA bewegt sich im elektrischen Feld schneller als intakte DNA-Stränge und hinterlässt dabei quantifizierbare Signaturen, die Kometenschweifen ähneln. Die Größe des Kometenschweifs spiegelt also den relativen DNA-Schaden wider. Dennoch freut sich die Wissenschaftlerin über das Ergebnis: Es zeigt, dass der Test für ihre neue Anwendung funktioniert.
Der Comet-Assay ist nämlich eigentlich ein Test, um die Toxizität von chemischen Substanzen auf das Erbgut von menschlichen Zellen zu untersuchen. Ein internationales Team unter Leitung von IGB-Forscherin Dr. Dagmar Frisch und Dr. Marcin Wojewodzic vom Norwegian Institute of Public Health hat die Methode nun weiterentwickelt, um die mit dem Alter oder unter Umweltstress zunehmenden Erbgutschäden von Wasserfloh-Dauereiern zu beurteilen. Die Methode hat auch das Potenzial, nicht nur die Qualität von Überdauerungsstadien in Archiven und Sammlungen ohne aufwendige DNA-Analysen zu überprüfen, sondern auch in natürlichen aquatischen Bioarchiven, z. B. in Seesedimenten. „Der Vorteil des Testverfahrens ist: Wir können es auf einzelne Dauerstadien anwenden, die den Umwelteinflüssen in einer natürlichen Umgebung ausgesetzt waren", sagt Marcin Wojewodzic. Rejin Salimraj, Erstautor der Studie ergänzt: „Zudem ist er sehr kosteneffizient und einfach umsetzbar“.
Dauereier: Zeitkapseln für die Klimafolgenforschung
In der Natur gibt es verschiedene Überdauerungsstadien; Samen sind jedem geläufig. Ein anderes Beispiel sind die Dauereier von Wasserflöhen. Diese pflanzen sich eigentlich durch Jungfernzeugung ungeschlechtlich fort: Die Nachkommen sind Klone der Mutter und damit weiblich. Werden die Umweltbedingungen jedoch unwirtlich, dann bilden sich auch Männchen aus. Aus der geschlechtlichen Fortpflanzung entstehen dann langlebige Dauereier. Dagmar Frisch nutzt diese, um vergangene ökologische und evolutive Prozesse zu verstehen. „Dauereier sind wie Zeitkapseln. Sie können Jahrhunderte im Sediment von Seen überdauern. Sie helfen uns beispielsweise in der Forschung dabei, Anpassungsmechanismen von Lebewesen an verschiedene Umweltbedingungen zu verstehen. Das kann uns unter anderem wichtige Informationen für die Klimafolgenforschung liefern“, sagt die Wissenschaftlerin.