Die Invasionsbiologie untersucht, wie die durch Menschen verursachte Ausbreitung von Lebewesen Lebensgemeinschaften verändert, Ökosystemfunktionen beeinflusst und sich auf die menschliche Gesundheit, Kultur und Wirtschaft auswirkt. Die Ausbreitung von Neobiota ist weltweit eine Herausforderung für den Erhalt der Biodiversität, und das Management invasiver Arten ist häufig mit hohem Aufwand und Kosten verbunden. „Die Invasionsbiologie ist eine dynamische Forschungsdisziplin. Um mit dem Zuwachs an Publikationen Schritt zu halten, brauchen Forschende, Studierende, aber auch politische Entscheider*innen Werkzeuge, um sich in der Fülle der Informationen zurechtzufinden und keine wichtigen Erkenntnisse zu übersehen“, sagt IGB-Forscher Jonathan Jeschke, der auch an der Freien Universität Berlin tätig ist und gemeinsam mit der IGB-Forscherin Tina Heger Hi Knowledge mitbegründete.
Unter http://www.hi-knowledge.org lassen sich mit wenigen Klicks nach Stichworten definierte Themennetzwerke erstellen, die mit wissenschaftlichen Publikationen hinterlegt sind. Jetzt ist eine neue Version von Hi Knowledge gelauncht worden, basierend auf Forschungsprojekten, die von der VolkswagenStiftung und der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wurden. Die durch das Team erstellte Literaturdatenbank enthält über 50.000 Publikationen zu Aspekten der Invasionsbiologie. Sie kann mit dem OKMaps Tool oder Scholia genutzt werden. Zielgruppe sind Forscherinnen und Forscher, aber auch andere Akteure, die sich schnell und unkompliziert einen Überblick oder einen vertieften Einblick verschaffen wollen.
Service für den wissenschaftlichen Nachwuchs
Das Thesis-Starter-Tool kann beispielsweise Studierende, die noch keine vertieften Kenntnisse in der Invasionsbiologie haben, bei der Literaturrecherche in der ersten Phase einer Doktorarbeit unterstützen. Nach Eingabe eines Textes (z.B. eines Abstracts einer Arbeit über biologische Invasionen) liefert das Tool eine Liste von Hypothesen mit Wahrscheinlichkeiten, die es ermöglichen, die wichtigsten Invasionshypothesen zu identifizieren, die in diesem Abstract angesprochen werden. Darüber hinaus kann das Tool die Textstellen hervorheben, die sich auf eine bestimmte Hypothese beziehen.
Ergebnisse leichter finden und vergleichen – mit der Unterstützung neuster Technologien
Um Publikationen und Daten nach den FAIR-Prinzipien besser auffindbar, zugänglich, interoperabel und wieder verwendbar zu machen, wurde Hi Knowlege mit dem Open Research Knowledge Graph (ORKG) verknüpft. Dies ist eine öffentliche Plattform des Leibniz-Informationszentrums für Technik und Naturwissenschaften (TIB). Forschende können dort ihre eigenen Arbeiten und deren maschinenlesbare Kommentierung mithilfe von Vorlagen eingeben. „Die Autor*innen sind am besten in der Lage, uns mitzuteilen, worum es in ihrer Studie und ihren Daten geht. Es gibt jedoch keinen standardisierten Ansatz, um die wesentlichen Merkmale von Artikeln so zusammenzufassen, dass sie maschinell interpretierbar und interoperabel sind. Auf unserer Plattform ist dies für invasionsbiologische Veröffentlichungen nun möglich“, erklärt Tina Heger das Prinzip.
Das Team entwickelte zum ersten Mal auch ein Klassifikationsschema, das die großen Themen, Fragen und Hypothesen der Invasionsbiologie strukturiert. In einem nächsten Schritt möchte das Team nun Instrumente entwickeln, die noch stärker auf die Bedürfnisse der am Management invasiver Arten beteiligten Akteure zugeschnitten sind. Diese Entwicklung geschieht gemeinsam mit Forschenden aus anderen Disziplinen, um beispielsweise die Möglichkeiten künstlicher Intelligenz noch stärker nutzen zu können.