Einblick
Angelina Tittmann

Kein Zentrum für Wanderfische in Geesthacht

Unter wissenschaftlicher Leitung des IGB sollte auf der Elbinsel in Geesthacht ein Zentrum zur Wiederansiedlung des Europäischen Störs entstehen. Der Wanderfisch war einst heimisch in der Nordsee und im Einzugsgebiet der Elbe und gehört heute zu den weltweit am stärksten bedrohten Arten. Das Zentrum sollte deshalb die Schutz- und Wiederansiedlungsbemühungen sowie die Feldforschung im Einzugsgebiet unterstützen. Doch daraus wird nichts: Das seit 2014 geplante Wanderfischzentrum kann nicht realisiert werden. Das IGB bedauert diese Entscheidung sehr. Auf dieser Seite erläutern wir, warum sie dennoch getroffen wurde und was dies für das Wiederansiedlungsprogramm bedeutet:

Dass das Wanderfischzentrum nicht realisiert werden kann, ist keine gute Nachricht für den Stör. Die Wiederansiedlungsbemühungen gehen aber dennoch weiter. Für den heranwachsenden Elterntierbestand wird eine neue Lösung gesucht, denn eigener Störnachwuchs wird sehnlichst erwartet. | Foto: Solvin Zankl

Der Haushaltsausschuss des Bundestages hatte im November 2018 6,9 Millionen Euro für das Zentrum bewilligt. Diese Mittel, die  über das Bundesprogramm Biologische Vielfalt (BPBV) fließen sollten, stellten den Investitionsanteil des Vorhabens dar. Konkret waren sie für ein Laborgebäude und eine Leichtbauhalle für die Fischhaltung vorgesehen. Darüber hinaus war in Zusammenarbeit mit der Stadt Geesthacht ein Informationszentrum für die Öffentlichkeit angedacht. Die bereitgestellten Mittel konnten jedoch bis heute nicht abgerufen werden.

Zu hohe Baukosten und unsichere Weiterfinanzierung

Es gibt mehrere Gründe, warum das Zentrum nicht realisiert werden kann: Trotz intensiver Bemühungen des IGB, des Bundesamtes für Naturschutz und weiterer Partner gelang es nicht, eine Lösung für die Finanzierung der Betriebskosten zu finden. Das Programm hatte die Gesamtzuwendung aus dem BPBV auf die vom Haushaltsausschuss festgelegte Summe begrenzt. Mittel hätten somit nur für die dreijährige Projektphase zur Verfügung gestanden. Der Betrieb darüber hinaus konnte nicht sichergestellt werden. Zudem kam es durch Verzögerungen in der Projektantragsphase zu massiven Kostensteigerungen im Bau und zu erheblichen Mehrkosten, die nicht gedeckt werden konnten.

Die Baumaßnahmen zur Sicherung des Elbwehrs durch die Bundeswasserstraßenverwaltung, die in unmittelbarer Nähe zu dem geplanten Standort über etwa 20 Jahre stattfinden, stellten das Vorhaben zusätzlich infrage. Sie hätten nicht nur die Flächen rund um das Zentrum belegt, sondern auch die dort gehaltenen Tiere kontinuierlich mit Lärm und Erschütterungen belastet. Die baubedingten Einschränkungen hätten außerdem eine reibungslose Öffentlichkeitsarbeit vor Ort behindert.

Das IGB und die Projektpartner sahen daher keine Möglichkeit, einen sicheren und nachhaltigen Betrieb des Zentrums an diesem Standort und in dem geplanten Umfang zu gewährleisten und haben die Bemühungen zur Realisierung dieses Vorhabens deshalb endgültig eingestellt.

Wiederansiedlungsbemühungen werden fortgesetzt

Die Wiederansiedlung des Europäischen Störs geht trotzdem weiter: Derzeit werden alternative Möglichkeiten für die Elterntierhaltung und die Aufzucht des Europäischen Störs geprüft, um die am IGB heranwachsenden Elterntiere artgerecht weiter aufziehen zu können und somit die Grundlage für eine eigene Störnachzucht im Rahmen des Wiederansiedlungsprogramms zu schaffen. Bisher kommen die kleinen Störe für den Besatz ausschließlich aus Frankreich und sind deshalb häufig knapp. Bis sich eine sich selbst erhaltende Störpopulation in der Elbe und anderen Flüssen etabliert, werden noch auf längere Zeit umfangreiche Besatzmaßnahmen notwendig sein - auch wenn bereits erste Störe aus dem früheren Versuchsbesatz vor 2015 in die Unterelbe zurückgekehrt sind. Sie zeigen: Die Arterhaltung kann gelingen, erfordert jedoch Geduld und eine langfristige Strategie zur ökologischen Verbesserung unserer Flüsse.

Ansprechpersonen

Jörn Gessner

Forschungsgruppenleiter*in
Forschungsgruppe
Wiedereinbürgerung atlantischer Störe in Deutschland