2016 startete ein Kernteam von sechs deutschen und spanischen Wissenschaftler*innen vom Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) am Standort Magdeburg, vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) und vom Katalanischen Institut für Wasserforschung (ICRA) das Forschungsprojekt „dryflux“, das sich mit dem Ausstoß von Treibhausgasen aus trockenen Gewässerzonen beschäftigt.
Insgesamt untersuchten 24 Forschungsteams 196 Gebiete auf allen Kontinenten mit Ausnahme der Antarktis. Jedes Team führte in seiner Region an trockenliegenden Bereichen von mindestens drei Gewässern – Fluss, See, Talsperre oder Teich – Messungen des Kohlendioxidgehalts durch. Zudem nahmen sie am selben Ort auch Proben des trockenen Gewässersediments und bestimmten seinen Gehalt an Wasser, organischer Substanz und Salzen sowie die Temperatur und den pH-Wert.
„Über alle Klimazonen hinweg konnten wir deutliche Kohlendioxidemissionen aus trockenen Bereichen von Gewässern ausmachen“, sagt Phillip Keller, Erstautor der Studie und Forscher am UFZ. „Das Phänomen ist also tatsächlich ein globales.“
Im trockengefallenen Gewässerboden wird mehr „geatmet“ als im Wasser
Die Forschenden fanden heraus, dass diese Emissionen häufig sogar höher liegen als die Emissionen durchschnittlicher Wasseroberflächen der gleichen Größe. „Wir konnten zeigen, dass trockenliegende Bereiche von Gewässern tatsächlich einen signifikanten Anteil an der Gesamtkohlendioxidemission von Gewässern haben“, sagt Dr. Matthias Koschorreck, Leiter der Studie vom UFZ. „Werden sie in globalen Bilanzen von Gewässern berücksichtigt, erhöht sich die Kohlendioxidemission um insgesamt sechs Prozent.“
Prof. Dr. Hans-Peter Grossart untersucht am IGB die Kleinstlebewesen im Wasser: „Wir kennen das von uns Menschen und anderen Lebewesen – bei der Atmung entsteht Kohlenstoffdioxid. Auch bei den Atmungsprozessen von Mikroorganismen in trockenfallenden Gewässerbereichen entsteht dieses klimaschädliche Gas. Je größer das Nahrungsangebot – die organische Substanz im Boden – und je besser die Bedingungen wie Temperatur und Bodenfeuchte, desto aktiver sind sie und umso mehr Kohlendioxid wird freigesetzt.“ Aus den Studienergebnissen konnten die Forschenden ableiten, dass die verantwortlichen Einflussfaktoren für die Kohlendioxidfreisetzung auch weltweit grundsätzlich dieselben sind. Vor allem das Zusammenspiel der lokalen Standortbedingungen wie Temperatur, Durchfeuchtung und organischem Gehalt der Sedimente sei maßgeblich und hätte einen größeren Einfluss als die regionalen Klimabedingungen.
Treibhausgasemissionen von Gewässern werden unterschätzt
Hans-Peter Grossart hat schon mehrere Studien zum Thema „Gewässer als Quelle für Klimagase“ geleitet: „Am IGB konnten wir bereits in mehreren Studien zeigen, dass Gewässer eine bisher unterschätzte Quelle für klimarelevante Gase wie Methan oder Kohlendioxid sind. Ein aktuelles Ergebnis war, dass Cyanobakterien – Blaualgen – Methan bilden. Zunehmende ,Blaualgenblüten‘ könnten demnach den Klimawandel verstärken. Und wir konnten in einer anderen Studie zeigen, dass selbst Seen mit einer guten Wasserqualität Methan bilden können. Wenn wir alle diese Ergebnisse zusammen nehmen, wird deutlich, dass Binnengewässer eine bisher wenig beachtete Quelle für Klimagase sind.“
Matthias Koschorreck teilt diese Ansicht: „Unsere Studie zeigt, dass die Kohlendioxidemissionen von Binnengewässern bislang signifikant unterschätzt werden. Wir hoffen, dass wir dazu beitragen konnten, dass trockenliegende Bereiche von Gewässern in künftige Bilanzierungen einbezogen werden. Denn durch den fortschreitenden Klimawandel werden sie höchstwahrscheinlich an Fläche und somit auch an Bedeutung zunehmen.“
Der Text basiert auf einer Pressemitteilung des UFZ.