Blitzlicht
Nadja Neumann

Spurenstoffe werden vor allem in der hyporheischen Zone abgebaut

Viele Arzneimitteln oder Industriechemikalien sind selbst für die moderne Klärtechnik eine große Herausforderung. Diese Substanzen und ihre Abbauprodukte gelangen in geringen Konzentrationen als organische Spurenstoffe mit dem aufbereiteten Abwasser in Gewässer. Sie bedrohen die Qualität von Trinkwasserressourcen, verändern Süßwasserökosysteme und können auf aquatische Organismen wirken. Birgit Müller hat im Rahmen ihrer Doktorarbeit untersucht, wie organische Spurenstoffe mit anderen organischen Stoffen im Fließgewässer und an der Grenze zwischen Wasser und Sediment umgesetzt werden.

Beprobungsgerät für Porenwasser namens "pushpoints" im Sediment des Seitenkanals der Erpe, einem Fließgewässer in Berlin. I Foto: Birgit Müller

Im Flussbett, wo sich Fluss- und Grundwasser mischen, liegt die hyporheische Zone – ein Bioreaktor der maßgeblich für die enorme Selbstreinigungskraft von Fließgewässern verantwortlich ist. Denn dort werden organische Substanzen von Kleinstlebewesen abgebaut.

Birgit Müller hat in der Arbeitsgruppe von Jörg Lewandowski den Weg organischer Spurenstoffe im Gewässer verfolgt. „Wir wissen, wie wichtig die hyporheische Zone für den Umsatz organischen Materials ist. Bisher war jedoch wenig über den gleichzeitigen  Umsatz von organischer Substanz und Spurenstoffen bekannt“, sagt die Doktorandin.

Auf 25 Zentimetern sinken die mittleren Konzentrationen der Spurenstoffe auf fast die Hälfte

Tatsächlich zeigte das Team in einer Felduntersuchung an einem kleinen Fließgewässer in Berlin, dass die Grenzschicht am Gewässerboden beim Abbau von organischen Spurenstoffen hocheffektiv ist. Die Abnahme der Konzentration pro Meter Fließstrecke war in der hyporheischen Zone deutlich höher als im Oberflächenwasser. Die mittleren Konzentrationen der untersuchten organischen Spurenstoffe sanken zwischen den beiden 850 Meter voneinander entfernten Probenahmestellen im Oberflächenwasser um durchschnittlich 11,7 Prozent – in der hyporheischen Zone auf 25 Zentimetern Fließweg um 49,4 Prozent. Allerdings unterschied sich der Abbau je nach Stoff erheblich. Die Konzentration des Rostschutzmittels Methylbenzotriazol nahm beispielsweise um fast 30 Prozent ab, die des Antidepressivums Venlafaxin um etwa 94 Prozent.

Die Abschwächung der Spurenstoffkonzentration ging mit einer Abnahme der molekularen Diversität der leicht biologisch abbaubaren gelösten organischen Substanzen einher. „Diese Übereinstimmung deutet auf ähnliche oder verbundene Abbauwege durch Mikroben in der hyporheischen Zone hin“, erläutert Birgit Müller.

Ein naturnahes Flussbett unterstützt den Abbau von Spurenstoffen

Am untersuchten Fluss dringt nur ein kleiner Teil des Flusswassers in die hyporheische Zone ein. Faktoren, die den Austausch an dieser Grenzfläche fördern sind beispielsweise ein unverbautes Flussbett, sowie Strukturen aus Totholz oder großen Steinen. So werden Bereiche geschaffen, in denen das Oberflächenwasser ins Sediment gedrückt wird. Generell ist ein flaches, breites, frei mäandrierendes Gewässer mit sandig-kiesigem Bett besser als ein Kanal mit vergleichsweise kleiner Sedimentoberfläche und einem schlammigen Flussbett.

„Ein naturnahes, intaktes Flussbett – das einen intensiven Austausch zwischen Flusswasser und hyporheischer Zone ermöglicht – hilft also, die Belastung mit Spurenstoffen abzumildern“, so das Fazit des betreuenden Wissenschaftlers Jörg Lewandowski.

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