Blitzlicht

Neue aquatische Stadtbewohner

Seit Kurzem häufen sich die nächtlichen Begegnungen mit dem Roten Amerikanischen Sumpfkrebs auf den Straßen Berlins. In Berlins größtem innerstädtischen Park, dem Tiergarten, hat er ein neues Zuhause gefunden. Was eine Freude für jede Handykamera ist, ist schlecht für heimische Krebsarten – die allerdings gibt es zumindest in Berlin und Brandenburg so gut wie nicht mehr.

Auf den Straßen der Stadt: der Rote Amerikanische Sumpfkrebs (Procambarus clarkii).  | Foto: Mike Murphy / Wikimedia Commons

Weltweit gehören Fluss- und Sumpfkrebse wie der Rote Amerikanische Sumpfkrebs (Procambarus clarkii) zu den erfolgreichsten Einwanderern und haben mit Ausnahme der Antarktis auf allen Kontinenten Fuß fassen können. Einige sind aus Zuchtfarmen für den menschlichen Verzehr entkommen oder freigelassen worden, andere wurden von ihrer überdrüssig gewordenen AquarianerInnen ausgesetzt. Leider verbreiten die eingeschleppten Krebse die Krebspest, die zum Aussterben heimischer Krebsarten führen kann, ihnen selbst aber nicht schadet. In und um Berlin sind die ursprünglich heimischen Edelkrebse (Astacus astacus) seit über hundert Jahren so gut wie verschwunden und nur in kleinen Restbeständen erhalten.

Ein Kommen und Gehen

WissenschaftlerInnen des IGB erforschen, wie es aquatischen Tier- und Pflanzenarten gelingt, sich innerhalb kürzester Zeit an eine neue Umgebung anzupassen und dabei manchmal sogar heimische Arten zu verdrängen. Wo einst der Edelkrebs zu Hause war, fühlt sich jetzt unter anderem der Kamberkrebs (Orconects limosus) heimisch, der ursprünglich nur für den Teller nach Deutschland geholt wurde. Zum Kamberkrebs gesellt sich nun vielleicht auch der Rote Amerikanische Sumpfkrebs. Die bisherigen Beobachtungen in deutschen und europäischen Gewässern lassen darauf schließen, dass die Anzahl „neuer“ Krebsarten hierzulande weiter zunehmen wird. Diese zugewanderten Krebsarten werden sich entweder miteinander arrangieren oder sich abwechselnd gegenseitig verdrängen.

Wie geht es weiter mit dem Neuling?

Im Berliner Tiergarten wird vermutlich auch ein eisiger Winter die neuen Bewohner nicht stören. Viele invasive Krebsarten haben sich als erstaunlich widerstandsfähig gegen Kälte erwiesen. Der Rote Amerikanische Sumpfkrebs z.B. gräbt lange Röhren und Gänge ins Sediment, die ihn gut vor widrigen Umwelteinflüssen schützen. Einzig sein Wachstum und die Fortpflanzung werden durch die hiesigen kühleren Temperaturen abgeschwächt.

Ein absolutes No-Go: Fremde Arten aussetzen

Wir wissen, dass eingeschleppte Arten teilweise starke ökologische und (sozio)ökonomische Schäden verursachen können. Und trotzdem lässt sich kaum verhindern, dass mit uns Menschen bzw. unseren Waren auch Arten – Tiere, Pflanzen, Pilze und Bakterien – unabsichtlich um die Welt „reisen“. Aber wir haben es buchstäblich in der Hand, keine weiteren Arten – z.B. aus dem heimischen Aquarium – absichtlich auszusetzen und damit unabsehbare Schäden für Mensch und Natur zu verursachen.

Mehr zum Thema lesen Sie hier: Vom Aquarium in den See: Wie tierischen Einwandererinnen der Sprung in die Freiheit gelingt

Ansprechpersonen

Seite teilen