Blitzlicht
Angelina Tittmann

Ein neues Modell, um die räumliche Verteilung von Arten besser zu verstehen

Wie verteilen sich verschiedene Arten in bestimmten Patches bzw. Habitaten in einer Landschaft, und wie steht es um die Dynamik ihrer Ausbreitung? Mit dieser Frage beschäftigt sich die so genannte Theorie zu Meta-Gemeinschaften, zu der auch am IGB gearbeitet wird. Sabine Wollrab und Rajat Karnatak haben im Rahmen des Projekts Bridging in Biodiversity Science (BIBS) einen neuen, wahrscheinlichkeitsbasierten Formalismus zur Modellierung der Artenverteilung entwickelt. Er wird als netzwerkbasierte probabilistische Verbindung (Network based Probabilistic Connectivity – NPC) bezeichnet.

Schematische Darstellung eines probabilistischen Konnektivitätsnetzwerks am Beispiel von Söllen im nördlichen Brandenburg: Die Linien zwischen den Kleinstgewässern zeigen, ob die Ausbreitungswahrscheinlichkeit eher hoch (durchgezogene Linie) oder gering (gestrichelten Linie) ist. Bei der Berechnung mit dem NPC-Ansatz wird nicht nur die räumliche Entfernung zwischen den Söllen, sondern auch die artenspezifische Verbreitungsdistanz und die Größe der Patches berücksichtigt. | Abbildung: Sabine Wollrab/Rajat Karnatak

Der Ansatz verspricht, wichtige Merkmale der Ausbreitung zu erfassen: Diese ist stochastischer Natur, das heißt, einzelne Ereignisse der Artenverbreitung sind nicht vorhersagbar. Außerdem ermöglicht der neue Formalismus eine allgemeinere Beschreibung des Prozesses als bisherige Modelle, die oft die räumliche Struktur der Landschaft zu stark vereinfachen und annehmen, dass der Ausbreitungsprozess deterministisch festgelegt ist. Der neue Ansatz liefert insbesondere Vorhersagen über die Verteilung und den Fortbestand von Arten auf verschiedenen Zeitskalen sowie deren Abhängigkeit von der Patch-Verteilung und Patch-Dichte in der Landschaft.

Bisherige Ergebnisse, die Rajat Karnatak und Sabine Wollrab mit dem NPC-Ansatz gewonnen haben, belegen, dass höhere Ausbreitungsraten tatsächlich den Fortbestand von Arten beeinflussen: In Abhängigkeit von der Balance zwischen lokalem Wachstum und ein- bzw. abgehender Biomasse wird eine höhere Ausbreitungsrate ab einem bestimmten Grenzwert zu einer starken Abnahme der Wahrscheinlichkeit führen, dass die Art fortbesteht. Dies scheint zwar logisch zu sein, wird aber von klassischen Ansätzen (Deterministic Spatially Implicit Approaches) aufgrund einer inhärenten mathematischen Symmetrie tatsächlich nicht erfasst. Darüber hinaus konnten die beiden Forschenden zeigen, dass die Patch-Dichte die Wahrscheinlichkeit des Fortbestands von Arten signifikant beeinflusst, wobei eine größere Patch-Dichte diese erhöht, weil selbst bei niedriger Verbreitungsrate Individuen andere Habitate mit größerer Wahrscheinlichkeit erreichen.

Die Konnektivität zwischen Patches, also das Ausmaß und die Art der Verbundenheit von Habitaten, ist kurzlebig und veränderlich. Die räumlich-zeitliche Flexibilität des NPC-Formalismus verspricht, dies besser zu erfassen, und macht ihn breit anwendbar. Beispielsweise kann das NPC-Konzept dazu genutzt werden, den Einfluss von Klima- und Landnutzungsänderungen auf die Verteilungsmuster von Arten vorherzusagen.

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