Zur Oder-Katastrophe im August 2022 kam es, weil sich die Brackwasseralge Prymnesium parvum im Odergebiet in stark mit Salz angereichertem Wasser massenhaft vermehren konnte, und zwar bis auf über 100 Millionen Zellen pro Liter Flusswasser. Aufgrund dieser hohen Algenkonzentration führte das von der Alge produzierte Gift Prymnesin damals zum Tod von etwa 1.000 Tonnen Flussfischen sowie von Schnecken und Muscheln.
Seitdem erforscht das IGB die Ursachen und Auswirkungen der Katastrophe. Unter anderem wird seit März 2023 monatlich analysiert, wie sich das Vorkommen der Brackwasseralge im deutschen Abschnitt der Oder entwickelt. Dort ist Prymnesium parvum tatsächlich in geringen Konzentrationen wieder aufgetreten, hat sich aber bisher nicht massenhaft vermehrt. Die maximale Dichte entsprach im Sommer 2023 nur etwa einem Hundertstel (1 Prozent) der Dichte vom August 2022, sodass bis zum jetzigen Zeitpunkt in diesem Abschnitt keine Fische vergiftet wurden.
Nur minimale Prymnesium-Dichten in Stichproben aus anderen Brandenburger Gewässern
Ob die toxinbildende Brackwasseralge Prymnesium parvum auch in anderen Brandenburger Gewässern vorkommt, ist eine wissenschaftlich interessante Fragestellung. Der Landesfischereiverband Brandenburg/Berlin e. V. hatte dem IGB zu diesem Zweck einige Proben aus verschiedenen Brandenburger Gewässern zur Verfügung gestellt. Auch in diesen Einzelproben fanden die IGB-Forscher Prymnesium-Zellen, allerdings in geringen Dichten. Sie entsprachen nur etwa einem Tausendstel (0,1 Prozent) der Algendichte, die im August 2022 in der Oder gemessen wurde.
Dieser erste und vorläufige Eindruck deckt sich mit dem internationalen Forschungsstand, wonach die Brackwasseralge durchaus in geringen Konzentrationen in vielen Gewässern vorkommen kann. Bei solchen niedrigen Konzentrationen ist allerdings von keiner direkten Gefahr auszugehen. Ein Risiko für Fischsterben besteht erst bei Massenentwicklungen von Prymnesium parvum, wie sie ausschließlich in salzbelasteten Binnengewässern und im Brackwasser auftreten können.
Reduktion der Salzkonzentration nach wie vor nötig
Wie viel Salz maximal in ein Gewässer eingeleitet werden darf, ohne dass das Risiko einer solchen Massenentwicklung dieser Alge entsteht, ist eine wichtige Frage. Ein wissenschaftlich fundierter Grenzwert existiert bisher nicht. Das IGB führt deshalb im Rahmen des vom Bundesumweltministerium geförderten Verbundprojekts ODER~SO wissenschaftliche Untersuchungen dazu durch.
Die IGB-Forscher betonen, dass nach derzeitigem Stand der Forschung eine Reduzierung der Salzfracht bzw. -konzentration die wichtigste Stellschraube ist, um Massenentwicklungen der Brackwasseralge zu verhindern.