Durch Verschmutzung, Landnutzung und Klimaveränderungen geraten Binnengewässer und ihre biologische Vielfalt in ganz Europa zunehmend unter Druck. Zahlreiche Forschungsprojekte haben sich deshalb in den letzten Jahren mit den Ursachen und Folgen für Flüsse, Seen und Feuchtgebiete befasst und Renaturierungsstrategien für sie entwickelt. Trotz der Fülle an potenziell vorhandenen Informationen und Daten sind diese für die Öffentlichkeit, politische Entscheidungsträger, Behörden und Wassermanager nur schwer zugänglich. Das liegt zum Teil daran, dass Forschungsdaten nicht immer systematisch publiziert werden bzw. in einer Fülle von unterschiedlichen wissenschaftlichen Publikationen und Projekt-Webseiten eingebettet sind.
Um diesen Umstand zu ändern haben die Universität für Bodenkultur in Wien, die Universität Duisburg-Essen, das Königliche Belgische Institut für Naturwissenschaften in Brüssel, sowie das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Berlin ein neues Informationsportal entwickelt. Auf der nun eingeführten „Freshwater Information Platform“ werden Ergebnisse verschiedener abgeschlossener und laufender Forschungsprojekte zusammengefasst und öffentlich zugänglich gemacht. Die Plattform setzt sich aus mehreren komplementären Teilen zusammen, die entweder einen leichten Zugriff auf Originaldaten ermöglichen oder eine Zusammenfassung von Forschungsresultaten in leicht verständlicher Weise bieten. Alle Inhalte werden laufend aktualisiert und ergänzt.
Das Portal gibt Aufschluss über die Ergebnisse und Daten europäischer Gewässerforschung
Ein Schwerpunkt der Informationsplattform liegt auf den räumlichen Aspekten der Gewässerforschung: So ermöglicht beispielsweise das integrierte Süßwasser-Datenportal („Freshwater Biodiversity Data Portal“) den Zugriff auf Daten, die die Verteilung von Süßwasserorganismen (z.B. Fische, Insekten oder Algen) in Europa und in der ganzen Welt zeigen. Der „Global Freshwater Biodiversity Atlas“, der bereits seit 2014 online ist, stellt eine Reihe von Artenreichtums-, Stressintensitäts- und Klimawandelkarten bereit.
In der Sektion „Freshwater Metadatabase“ finden Interessierte einen Überblick über eine Vielzahl von Datenquellen aus der Erforschung und dem Management vom Seen, Flüssen und Feuchtgebieten. Eine kürzlich gegründete Zeitschrift („Freshwater Metadata Journal“) bietet die Möglichkeit, diese Daten wissenschaftlich zu publizieren.
Im Abschnitt „Freshwater Species Traits“ werden relevante Informationen über einzelne Arten zusammengefasst, die in europäischen Gewässern heimisch sind: Wovon ernähren sich Süßwasserorganismen, in welchen Lebensräumen sind sie angesiedelt oder wie tolerant sind sie gegenüber Verschmutzung und Umweltwandel? Insgesamt stehen hier Informationen für etwa 20.000 verschiedene Arten zur Verfügung.
Der vielgelesene „Freshwater Blog“ veröffentlicht Features, Interviews und Podcasts über Forschungshighlights und aktuelle Entwicklungen rund um Erforschung, Schutz und Management von Süßwasserökosystemen. Abgerundet wird das Angebot durch eine Reihe verschiedener Tools, Leitfäden und Informationen zu relevanten politischen Richtlinien sowie einem „Kuriositäten-Kabinett“.
Astrid Schmidt-Kloiber (BOKU): „Süßwasserökosysteme unterliegen zahlreichen schädlichen Einflüssen, die zu einer erheblichen Bedrohung ihrer Artenvielfalt führen. Durch die Bündelung von relevanten Informationen an einem einzigen Ort hilft die „Freshwater Information Platform“ Wissenschaftlern die herausfordernde Aufgabe, verstreute Forschungsressourcen zu finden, zu überwinden. Langfristig wird das dazu beitragen, das Verständnis von Süßwasserökosystemen zu verbessern und ihnen eine stärkere Stimme in Bezug auf Schutz und Erhaltung zu verleihen.“
Daniel Hering (UDE): „Erfolgreicher Schutz und Wiederherstellung von Süßwasserökosystemen wird weitgehend von der Qualität der zugrundeliegenden wissenschaftlichen Daten bestimmt. Die Ausweisung empfindlicher Gebiete und Arten, die Entwicklung von Sanierungsmaßnahmen und die Vorhersage der Auswirkungen des Klimawandels: alle diese komplexen wissenschaftlichen Aufgaben erfordern qualitativ hochwertige Daten. Die „Freshwater Information Platform“ ist ein äußerst wertvolles Hilfsmittel für ein evidenz-basiertes, erfolgreiches und nachhaltiges Süßwassermanagement.“
Aaike De Wever (RBINS): „Mit Hilfe des Süßwasser-Biodiversitätsdatenportal, das in der „Freshwater Information Platform“ integriert ist, unterstützen wir Wissenschaftler dabei, ihre Daten über die Verbreitung von Arten online zu publizieren. Durch die Zusammenführung einer großen Anzahl von Datensätzen aus Süßgewässern wollen wir großräumige wissenschaftliche Analysen und Modellierungen fördern, die unser Verständnis für diese Gewässer und unsere Fähigkeit diese zu managen verbessern.“
Klement Tockner (IGB): „Wir verändern grundlegend und in den meisten Fällen irreversibel, wie die Natur funktioniert. Als Folge sind nicht nur die natürlichen Systeme, von denen wir abhängig sind, bedroht, sondern auch unser eigenes Überleben. Die „Freshwater Information Platform“ stellt eine gemeinsame Forschungsinfrastruktur von globaler Bedeutung dar, die das Aufspüren vielfältiger Konsequenzen der beschleunigten Umweltveränderungen auf Süßwasserökosysteme und ihrer biologischen Vielfalt erleichtert.“
Beteiligte Institutionen und Ansprechpartner:
Universität für Bodenkultur, Wien (Österreich), BOKU
Astrid Schmidt-Kloiber (astrid.schmidt-kloiber@boku.ac.at), +43 1 47654 5225
Universität Duisburg-Essen, Aquatische Ökologie (Deutschland), UDE
Daniel Hering (daniel.hering@uni-due.de), +49 201 183 3084 & Jörg Strackbein
Königliches Belgisches Institut für Naturwissenschaften, Brüssel (Belgien), RBINS
Koen Martens & Aaike De Wever (adewever@naturalsciences.be), +32 2 627 43 90
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei, Berlin (Deutschland), IGB
Klement Tockner (tockner@igb-berlin.de), +49 30 64181 601 & Vanessa Bremerich