
„Same same but different“: Grauer Laubfrosch (Hyla versicolor; rechts) und sein aus Amerika stammender Verwandter Copes Grauer Laubfrosch (Hyla chrysoscelis; links), zwei Überträger des Chytridpilzes, äußerlich nicht zu unterscheiden. | Foto: James Harding
Mit den verheerenden Folgen der Invasion der Mittelmeer-Miesmuschel in Südafrika hätte zu Beginn niemand gerechnet; es folgte ein Massensterben der Krabbenart Ovalipes trimaculatus. Die unvorhersehbare Eigenschaft der Muschel: sich an den Augenstielen und Mündern der Krabbe festzusetzen. Die ökologischen Effekte gebietsfremder Arten auf die heimische Tier- und Pflanzenwelt können dramatisch sein. Ein großes Problem für den Umgang mit invasiven Arten ist, dass sie oft im Verborgenen leben, oder dass ihre schädigenden Eigenschaften erst zeitverzögert offensichtlich werden. Diese zum Teil unvorhersehbaren Prozesse machen es schwierig, Ausmaß, Folgen und Risiken von biologischen Invasionen abzuschätzen und effektive Schutzmaßnahmen zu planen. Ein internationales Forschungsteam hat ein Rahmenkonzept entwickelt, wie man mit dieser Unsicherheit umgehen kann.
„Gebietsfremde Arten sind nicht pauschal problematisch. Viele solcher Arten schätzen wir, z.B. einige Nutzpflanzen wie die Kartoffel, die im 16. Jahrhundert nach Europa kam. Manche gebietsfremde Arten können jedoch heimische Arten und Artgemeinschaften bedrohen“, erklärt Jonathan Jeschke, IGB-Forscher und Mitautor der Studie, die ambivalente Rolle der Neuankömmlinge (Neobiota). Jeschke koordiniert auch das „Invasion Dynamics Network (InDyNet)“, ein internationales Netzwerk von Forschenden, die sich mit zeitlichen Dynamiken biologischer Invasionen beschäftigen, und in dessen Rahmen die aktuelle Studie entstanden ist.
Ob eine invasive Art schnell erkannt wird, hängt von ihren ökologischen Eigenschaften, ihrem neuen Lebensraum und den Umständen der Einschleppung ab. Wenn zum Beispiel die eingeschleppte Art einer heimischen Art äußerlich sehr ähnlich sieht, können Fachleute oft nur mittels genetischer Analysen den Unterschied feststellen. Viele Arten bleiben auch lange unentdeckt, weil sie selten vorkommen oder schlecht zugängliche Lebensräume besiedeln – Höhlen oder aquatische Ökosysteme beispielsweise. Auf der politischen Agenda ist der Umgang mit gebietsfremden Arten zum Beispiel in den Aichi-Zielen oder in den Zielen für Nachhaltige Entwicklung verortet. Dabei wird die „crypticity“ jedoch bisher zu wenig berücksichtigt, finden die Autoren der Studie.
„Wir haben ein Set an Forschungsmethoden und Instrumenten zusammengestellt, um schädigende Arten und Eigenschaften sowie die räumlich-zeitlichen Veränderungen besser zu erfassen. Bürgerwissenschaftlerinnen und Bürgerwissenschaftler können beispielsweise die Forschung dabei unterstützen, invasive Arten zu finden; Langzeitmonitoring und -forschung wiederum dabei helfen, kritische Entwicklungen rechtzeitig zu erkennen“, sagt Ivan Jarić, Wissenschaftler der Tschechischen Akademie der Wissenschaften und Hauptautor der Studie. Jarić und sein Forschungsteam werden zukünftig darauf hinwirken, dass ihre Vorschläge in Managementkonzepte für gebietsfremde Arten Eingang finden.
Publikation:
Ivan Jarić, Tina Heger, Federico Castro Monzon, Jonathan M. Jeschke, Ingo Kowarik, Kim R. McConkey, Petr Pyšek, Alban Sagouis, Franz Essl. Crypticity in Biological Invasions. Trends in Ecology & Evolution, 2019. https://doi.org/10.1016/j.tree.2018.12.008