Pressemitteilung
Johannes Graupner

Bundestagswahl: Forschung empfiehlt eine nachhaltigere Gewässerpolitik

Relevanz der biologischen Vielfalt in Binnengewässern wird unterschätzt, Lebensgrundlagen von Mensch und Natur sind gefährdet
Binnengewässer wie z.B. Flüsse und Seen gehören in Deutschland zu den am stärksten genutzten und bedrohten Ökosystemen. Der Klimawandel mit zunehmenden Wetterextremen wie Dürren und Überflutungen verschärft die Situation zusätzlich. Die Folge ist u.a. ein rasanter Rückgang der aquatischen Vielfalt, der nicht nur Pflanzen und Tiere gefährdet, sondern auch die menschlichen Lebensgrundlagen. Darauf weist das IGB in einem aktuellen Policy Brief hin. Anlässlich der Bundestagswahl 2021 empfehlen die Wissenschaftler*innen der Politik, dringend Maßnahmen gegen den massiven Rückgang der aquatischen Biodiversität zu ergreifen und damit auch die vielen wichtigen Ökosystemleistungen abzusichern, die Binnengewässer für den Menschen erbringen, z.B. genügend und sauberes Trinkwasser, natürlicher Hochwasserschutz, Schadstoffrückhalt und Erholungsräume. Die Forschenden formulieren sieben Handlungsempfehlungen, mit denen in der nächsten Legislaturperiode bedeutende Weichenstellungen für eine nachhaltigere Gewässerpolitik möglich sind.

Die biologische Vielfalt von Binnengewässern, die Lebensgrundlage für das Leben von Natur und Mensch, ist stark bedroht. | Foto: Michel Roggo

„Im Gegensatz zu Land- oder Meeresökosystemen steht der Verlust der biologischen Vielfalt in Binnengewässern bisher kaum im öffentlichen und politischen Fokus. Dabei drängt die Zeit, denn Binnengewässer können ihre vielfältigen Funktionen als Lebensraum und Schlüsselressource nur erfüllen, wenn sie konsequent geschützt, nachhaltig bewirtschaftet und ökologisch verbessert werden“, erläutert IGB-Wissenschaftlerin Prof. Dr. Sonja Jähnig, Co-Autorin des heute veröffentlichten IGB Policy Briefs. Der aktuelle Zustand der Binnengewässer zeige laut der forschungsbasierten Einschätzung jedoch, dass die Praxis davon noch weit entfernt sei. „Entscheidend ist, dass jetzt ein Umdenken in Politik und Verwaltung stattfindet“, betont auch IGB-Wissenschaftler und Mitautor Dr. Christian Wolter und fügt hinzu: „Unser Leben und unsere Gesellschaft hängen von Gewässern und ihrer biologischen Vielfalt ab. Gewässerpolitik ist keine zusätzliche Bürde oder Luxus, sondern sollte als notwendige Vorsorgepolitik zur nachhaltigen Zukunftssicherung für Mensch und Natur begriffen werden.“

Damit das gelingt, empfehlen die Wissenschaftler*innen der Bundespolitik, eine stärker gestaltende Rolle einzunehmen, Länder und Kommunen zu unterstützen und auch international die gewässerbezogene Biodiversitätspolitik voranzutreiben. Politik und Verwaltung müssten zudem dringend dem großen Umsetzungsdefizit der europäischen Umweltgesetzgebung in Deutschland begegnen.

Die sieben Handlungsempfehlungen der IGB-Forscher*innen lauten:

  1. Mehr Raum für Fließgewässer schaffen
     
  2. Fließgewässersysteme wieder durchgängig machen und vernetzen
     
  3. Gewässerbelastungen vermeiden, reduzieren und realistisch bepreisen
     
  4. Eine integrative Strategie zur Gewässerbewirtschaftung entwickeln
     
  5. Entscheidungs- und Abwägungsverfahren für Zielkonflikte zwischen Schutz und Nutzung etablieren
     
  6. Bestehende Umweltgesetzgebung besser umsetzen und den Schutz der aquatischen Biodiversität ressortübergreifend als Ziel priorisieren
     
  7. Daten und Informationen zur Gewässerbiodiversität öffentlich verfügbar machen

Diese Handlungsempfehlungen werden im IGB Policy Brief „Biologische Vielfalt in Binnengewässern – bedrohte Lebensgrundlagen von Natur und Mensch besser schützen“ ausführlicher erläutert. Das Dokument kann kostenfrei heruntergeladen und auch weiterverbreitet werden.

Ansprechpersonen

Sonja Jähnig

Abteilungsleiter*in
Forschungsgruppe
Aquatische Ökogeographie

Christian Wolter

Forschungsgruppenleiter*in
Forschungsgruppe
Fließgewässerrevitalisierung
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