Sowohl die globale Erwärmung als auch die Verstädterung führen zu erheblichen Umweltveränderungen wie steigenden Temperaturen, geringerer Wasserverfügbarkeit, veränderter Hydrologie, erhöhter Wahrscheinlichkeit toxischer Algenblüten und geringerer Vernetzung von Lebensräumen. Diese Umweltveränderingen wirken sich auf die biologische Vielfalt aus – und darauf, wie sich Arten und Gene in der Landschaft verbreiten.
Die Forscherinnen und Forscher entwickelten ein integriertes Rahmenwerk, das den Einfluss dieser beiden Hauptfaktoren des globalen Wandels auf die ökologische und evolutionäre Dynamik lokaler und regionaler Muster der Biodiversität berücksichtigt.
Städte als Barriere oder Ausgangspunkt für die Besiedlung des Umlandes durch Arten
„Die räumliche Anordnung von Städten und grünen Korridoren ist entscheidend dafür, wie Urbanisierung und Klimawandel zusammenwirken. Daraus ergeben sich sehr unterschiedliche Szenarien: Städte können einerseits ein Hindernis für Arten darstellen, wenn sich deren Verbreitungsgebiete aufgrund der Klimaerwärmung verschieben. Sie können andererseits aber auch ein Ausgangspunkt für Arten und Genotypen sein, die bereits an städtische Hitzeinseln angepasst sind und weitere, auch ländliche Regionen außerhalb der Stadt besiedeln", erklärt Professor Luc De Meester, Direktor des IGB und Mitautor der Studie.
In einem dritten Szenario der Forschenden nimmt die Biodiversität in Städten infolge des Klimawandels rapide ab, weil es im Umland keine Arten gibt, die in der unwirtlichen städtischen Umgebung überleben können. Solche Wechselwirkungen zwischen ländlichen und städtischen Gebieten können also weitreichende Folgen für die regionale Biodiversität haben.
Ökologie der Versöhnung: Nutzen für Mensch und Tier
„Ein gutes Verständnis der Wechselwirkungen zwischen Klimawandel und Urbanisierung liefert Hinweise darauf, wie die Stadtplanung verbessert werden kann. Besonders wichtig ist es, größere, miteinander verbundene Naturräume zu schaffen. Solche Korridore innerhalb und zwischen Städten, die parallel zu Klimagradienten verlaufen, könnten die genetische Vielfalt fördern und es Arten ermöglichen, Störungen auszuweichen, Rückzugsgebiete zu finden oder neue Lebensräume zu erschließen. Innerhalb von Städten bieten diese Korridore zudem mehr Ökosystemleistungen als isolierte, über die Stadt verteilte Parks. Korridore würden auch soziale Ungleichheiten verringern, da Parks vielerorts in wohlhabenderen Stadtvierteln liegen", so De Meester weiter.
Naturbasierte Lösungen wie grüne Korridore mildern nicht nur die Auswirkungen des Klimawandels und der Verstädterung, sondern fördern auch die biologische Vielfalt und die Lebensqualität der Stadtbewohner: Grünflächen und Stadtteiche wirken sich positiv auf die psychische Gesundheit aus.
Bei diesem Konzept, das auch als „Versöhnungsökologie“ bezeichnet wird, geht es darum, Lebensräume so zu gestalten, dass sowohl Menschen als auch die heimische Tierwelt davon profitieren. Bei der Entwicklung naturbasierter Lösungen sollten daher nicht nur biologische und technische Aspekte sowie rechtliche Rahmenbedingungen berücksichtigt, sondern auch lokale und diverse Stimmen einbezogen werden.