Harry Powell hat Hans Helmut Wundsch nie persönlich kennengelernt. Eine bewegte Familiengeschichte später, besuchte er im August 2019 zum ersten Mal die ehemalige Wirkungsstätte seines Großvaters. Kurz vor Beginn des zweiten Weltkrieges hatten Hans Helmut Wundsch und seine jüdische Frau Dr. Maria Wundsch, geb. Pauly, drei ihrer Kinder nach England verschickt, darunter auch den Vater von Harry Powell. „Mein Vater wurde als Enemy Alien in England und Australien interniert, trat später in die Britische Armee ein, wurde eingebürgert und nahm den Namen Powell an. Zu seinen Eltern hatte mein Vater nach der Verschickung nur sehr begrenzten Kontakt“, so fasst Harry Powell die bewegende Geschichte seines Vaters zusammen. Umso mehr ist dem Enkel von Hans Helmut Wundsch daran gelegen, seine Familiengeschichte zu ergründen. Dies führte den in England lebenden Kristallographen in Begleitung von Sigrid Strachwitz vom Bürgerverein Friedrichshagen auch ans IGB. Barbara Köfler-Tockner vom IGB hat die Geschichte des Instituts und seiner Forschenden intensiv untersucht und mit großem Engagement Fotos, Geschichten und Dokumente zusammengetragen. Viele davon sind in dem Buch Ein Jahrhundert Forschung an Gewässern veröffentlicht. So auch einiges Wissen über den langjährigen Einsatz von Hans Helmut Wundsch für die Fischereiforschung in Berlin – allen Kriegswirren und politischen Unwägbarkeiten zum Trotz.
Engagierter Einsatz für die Fischereiforschung in Berlin
Hans Helmut Wundsch war von 1925 bis 1937 Leiter der Preußischen Landesanstalt für Fischerei in Berlin, wie auch Professor für Fischerei und Fischzucht an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin. In diesen Funktionen entwickelte er die Arbeitsweise und Methodik der Fischereibiologie und verschaffte der Fischereibiologie eine wissenschaftliche Grundlage. 1937 wurde er aus politischen Gründen durch das NS-Regime aller seiner Ämter enthoben und zwangsweise in den Ruhestand versetzt. Nach dem Krieg war es auch seinem Engagement zu verdanken, dass die Fischereiforschung in Berlin wieder aufgebaut wurde: zum einen setzte er sich nachhaltig für den Wiederaufbau des 1943 völlig zerstörten Institutsgebäudes ein, zum anderen gelang es ihm an der Humboldt Universität den bis dahin einzigen Studiengang „Fischwirtschaft“ einzurichten. Er übernahm von 1947 nebenamtlich die Leitung des Instituts am Müggelsee, welches er ab 1952 als „Institut für Fischerei der Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften“ bis zu seinem Ruhestand 1958 leitete.
„Für mich hat sich heute die Tür in die Vergangenheit ein Stück weiter geöffnet. Ich möchte noch viel darüber erfahren, wo meine Wurzeln liegen und bin sehr froh darüber, den Kontakt nach Friedrichshagen und zum heutigen IGB geknüpft zu haben“, sagt Harry Powell am Ende seines Besuches.
Über die Geschichte des IGB ist 2016 das Buch „Ein Jahrhundert Forschung an Gewässern“ erschienen, das anhand von Dokumenten und Zeitzeugen die Geschichte der drei Vorläufereinrichtungen nachzeichnet. Es kann gegen eine Schutzgebühr von 5 € über die IGB-Bibliothek bestellt werden.