Der Arendsee

Der Arendsee in der Altmark im Norden Sachsen-Anhalts liegt in einem Urlaubs- und Kurgebiet. Der See ist mit über fünf Quadratkilometern etwa doppelt so groß wie der Berliner Wannsee und mit bis zu 49 Metern der tiefste natürliche See Sachsen-Anhalts und einer der tiefen Seen Norddeutschlands. Der See zieht Urlauber zum Baden, Segeln und Tauchen an. Die Stadt Arendsee am Rande des Sees ist ein staatlich anerkannter Luftkurort, der den Tourismus und den Kurbetrieb fördert. Wegen seiner bis Mitte des letzten Jahrhunderts besonders guten Wasserqualität und sicher auch wegen seiner relativ runden Form wird er als „Perle der Altmark“ bezeichnet.

Kenndaten:

Fläche: 5,14 km²
Maximale Tiefe: 48 m
Mittlere Tiefe: 29 m
Wasservolumen: 147 Mio. m³
Maximale Länge: 3,24 km
Maximale Breite: 2 km

Tiefenkarte des Arendsees

Tiefenkarte des Arendsees. Quelle: Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft Sachsen-Anhalt, 2009.

Zustand des Sees

Im Ergebnis der Bestandserhebungen 2009-2013 zur Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL) wurde der ökologische Zustand des Arendsees mit schlecht bewertet. Seen werden im Wesentlichen an Hand ihrer trophischen Situation bewertet, welche die Belastung mit Nährstoffen und die Reaktion der Planktonalgen auf dieses Nährstoffangebot beschreibt. 

Der Arendsee ein hocheutropher, d.h. nährstoffreicher See. Aufgrund der hohen Nährstoffkonzentrationen, insbesondere von Phosphor (P), finden Mikroalgen und Cyanobakterien (Blaualgen) optimale Wachstumsbedingungen. Beide sind in unseren Seen natürlicher Teil der Lebensgemeinschaft, bei übermäßigem Nährstoffangebot können sie sich aber extrem vermehren. Cyanobakterien können toxische Stoffe (Cyanotoxine) produzieren, die bei einer Massenentwicklung eine Gefahr für die Gesundheit darstellen. Deshalb kam es am Arendsee in der Vergangenheit mehrfach zu Einschränkungen des Badebetriebes. Die intensive Grünfärbung des Wassers und die Bildung unästhetischer Algenteppiche auf der Wasseroberfläche können zudem Besucher abschrecken. Neben den zeitweise auftretenden Massenentwicklungen von Cyanobakterien gelten geringe sommerliche Sichttiefen, Sauerstoffmangel im Tiefenwasser und das Verschwinden der ursprünglichen Unterwasservegetation als weitere Zeichen einer starken Eutrophierung. Ursache der unerwünschten Eutrophierungserscheinungen ist die seit vielen Jahren zu hohe Konzentration des Nährstoffs Phosphor im Wasserkörper des Arendsees. Diese liegt seit ca. 20 Jahren bei über 170 µg P L-1 und ist damit vier- bis fünfmal so hoch wie die tolerierbare P-Konzentration. 

Grafik Gesamtphosphor im Arendsee

Gesamt-Phosphor (TP) im Arendsee. Die Graphik zeigt die Jahresmittelwerte der Phosphor-Konzentration (linke Achse) und des Phosphor-Inhalts (rechte Achse) seit 1972.

In den letzten Jahrzehnten sind besonders Veränderungen im Sauerstoffhaushalt des Sees zu registrieren. Der im Herbst noch vorhandene Sauerstoffvorrat im Tiefenwasser unterhalb von 20 m verringert sich seit Mitte der 1970er Jahre im Arendsee deutlich. Ein großer Teil des Hypolimnions ist am Ende der Schichtung sauerstofffrei. Hauptursache dieser niedrigen Sauerstoff-Konzentration ist die durch zu hohe Nährstoffkonzentrationen verstärkte Primärproduktion im oberen, durchlichteten Wasserkörper. Die dort gebildete Biomasse sinkt nach dem Absterben ab und wird im Tiefenwasser von Mikroorganismen (Bakterien) unter Sauerstoffverbrauch abgebaut.

Grafik Sauerstoff im Tiefenwasser

Sauerstoff im Tiefenwasser (Hypolimnion) des Arendsees. In der Abbildung ist die mittlere Sauerstoffkonzentration am 1. November jeden Jahres in der Schicht 20-48 m ab 1976 dargestellt. Die mittlere Sauerstoffkonzentration gegen Ende der Sommerschichtung hat sich in diesem Zeitraum um ca. 50% verringert.

 

Herkunft der Phosphorbelastung 

Durch umfangreiche Untersuchungen in den letzten Jahren zu den Quellen der hohen P-Konzentrationen wurde festgestellt, dass mehr als die Hälfte der Phosphorbelastung des Sees über das Grundwasser in den See gelangt. Die Grundwasseruntersuchungen im Einzugsgebiet haben gezeigt, dass hohe Phosphor-Konzentrationen (bis 5000 µg L-1) im Bereich der Stadt Arendsee, insbesondere im Uferabschnitt zwischen Kloster und Bleiche, gefunden wurden. Als natürliche P-Konzentration würde in dem Grundwasser 10-20 µg L-1 erwartet werden. 

Da die P-Konzentrationen im Grundwasser in den landwirtschaftlich genutzten Gebieten recht niedrig sind, kann ein Phosphoreintrag aus der Landwirtschaft über Gülle oder Mineraldünger weitgehend ausgeschlossen werden. Dass der Phosphor im Grundwasser aus einer Altlast stammt, ist unwahrscheinlich, denn dann wäre eine große, breite Abwasserfahne im Abstrom dieser Altlast zu erwarten. Stattdessen haben die vielen Brunnenwasserproben, die im Rahmen von Messkampagnen 2012 und 2022 von Anwohnern aus Arendsee zur Verfügung gestellt wurden, gezeigt, dass es viele Punktquellen im Stadtgebiet geben muss. Dicht nebeneinander gibt es hohe und niedrige Phosphorkonzentrationen. Die Ursachen für die Belastung konnten bisher nicht aufgeklärt werden. Als mögliche Quellen für den Phosphor im Grundwasser kommen nicht ordnungsgemäß zurückgebaute Sickergruben, die Düngung in Privatgärten und eine undichte Abwasserkanalisation in Frage. 

Als zweitgrößte Phosphor-Eintragsquelle wurde die Belastung aus der Atmosphäre ermittelt. Oberirdische Zuflüsse und die Überwinterung nordischer Gänse tragen ebenfalls zur Phosphor-Konzentration im See bei.

Phosphoreinträge in den Arendsee

Phosphor-Einträge in den Arendsee: In den See gelangen jährlich ungefähr 1,6 Tonnen Phosphor. Der Hauptteil kommt aus dem Grundwasser. Die natürliche Fracht über das Grundwasser würde lediglich bei ca. 70 kg pro Jahr liegen. 

 

Mögliche Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserqualität

Frühere Versuche einer Sanierung hatten nicht die gewünschte Wirkung. Im Jahr 1976 wurde eine Tiefenwasserableitung gebaut, die verstärkt Wasser mit hohen P-Konzentrationen aus den tieferen Schichten des Sees abtransportiert. Man erhoffte sich, auf diese Weise große Mengen an Phosphor aus dem See entfernen zu können. Diese Erwartungen wurden jedoch nicht erfüllt. Um den Phosphorgehalt deutlich zu reduzieren, hätte die Wasserentnahme so gesteigert werden müssen, dass es zu einer Absenkung des Wasserspiegels gekommen wäre. Auch das Abdecken des Sediments durch eine Seekreideaufspülung hat 1995 zu keiner nachhaltigen Verbesserung geführt. Diese Maßnahme sollte verhindern, dass Phosphor aus dem Sediment zurück ins Wasser gelangt. Es zeigte sich aber, dass der im Wasser vorhandene Phosphor und die ständige Zufuhr von außen entscheidend für den Zustand des Sees sind.

In mehreren vom Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (Land Sachsen-Anhalt) beauftragten Studien, wurde der See, sein Einzugsgebiet und seine Zuflüsse umfassend untersucht, um ein Konzept für die Restaurierung des Sees zu erstellen. Durch die vorgeschlagene seeinternen P-Fälllung ist mit einer unmittelbaren Reduzierung des Phosphors im Wasserkörper zu rechnen. Die Erfolgsaussichten dieser Maßnahme sind wegen der langen Wassererneuerungszeit von ungefähr 50 Jahren als gut zu bewerten. Bei Fortbestehen der externen Last ist die Dauerhaftigkeit einer P-Fällung allerdings eingeschränkt. Optimal wäre die Kombination einer internen Fällung (Sofortwirkung) mit gleichzeitig oder später wirkenden Maßnahmen zur Verminderung der externen Last (Sicherung der Nachhaltigkeit). Es steht außer Frage, dass ohne zusätzliche Maßnahmen der Arendsee den geforderten guten ökologischen Zustand gemäß den Vorgaben durch die EG-WRRL nicht erreichen kann.

 

Forschung am Arendsee

Es gibt nur wenige Seen in Deutschland, die in den letzten Jahrzehnten ähnlich gut untersucht wurden wie der Arendsee. Erste Untersuchungen fanden durch Prof. Wilhelm Halbfaß bereits 1896 statt, durchgängige Datenreihen liegen seit Mitte der 1970er Jahre vor. Es gibt nur wenige Seen in Deutschland, die hinsichtlich des Parameterspektrums sowie der räumlichen und zeitlichen Auflösung ähnlich gute Zeitreihen aufweisen. 

Seit 2010 betreibt das IGB eine Messplattform auf dem See. Hier erheben wir die gängigen Wetterdaten und messen verschiedene Wasserparameter mit Hilfe von Multiparametersonden. Die Daten werden online übertragen und sind im Internet unter https://emon.igb-berlin.de/arendsee.html zu finden. Die meteorologischen Daten und die Messwerte einer Sonde an der Wasseroberfläche werden im Zehn-Minuten-Intervall aufgezeichnet. Täglich werden zudem vier Vertikalprofile der wichtigsten Wasserparameter wie Temperatur, Sauerstoff, pH-Wert, Leitfähigkeit und Chlorophyll in einem Abstand von 1 m durchgeführt. Zum Monitoring-Programm gehören zusätzliche Probenahmen für chemische- und biologische Wasseranalysen. Diese werden im Winter monatlich, im Sommer im Wechsel mit dem Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) 14-tägig durchgeführt. Zweimal im Jahr werden umfangreiche Grundwasseruntersuchungen durchgeführt und in regelmäßigen Abständen das Sediment untersucht. Die Sauerstoffentwicklung im Wasserkörper wird mit einer Messkette, an der Sauerstofflogger installiert sind, überwacht. 

Das Langzeitmonitoring von Seen ist ein unverzichtbares Hilfsmittel, um die komplexen Auswirkungen von Umweltveränderungen zu verstehen. Die Untersuchungen am Arendsee sind Teil eines deutschlandweiten Monitorings für Seen, um die Auswirkungen der Klimaerwärmung zu erfassen. Die gewonnenen Daten dienen auch dazu, Modelle zur Vorhersage zu entwickeln, auf dessen Basis in Zusammenarbeit mit den Fachbehörden vorsorgende Managementmaßnahmen abgeleitet werden können. 

Messkette  Messstation

Schema einer Messkette und die Messstation am Arendsee.
 

 

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