Blitzlicht
Nadja Neumann

Effiziente Bestimmung von Insekten

Kombination morphologischer und molekularer Methoden hilft bei der Artbestimmung
Die Taxonomie, also die Bestimmung von Tier- und Pflanzenarten, kann sehr aufwendig sein, insbesondere bei einer großen Anzahl von Untersuchungsobjekten. So sind beispielsweise wissenschaftliche Untersuchungen zum Insektensterben aus taxonomischer Sicht oft eine Herausforderung. Inzwischen können molekulare Methoden das menschliche Auge bei der Artbestimmung ersetzen. Forschende unter Leitung der Biologischen Station Doñana (CISC) in Spanien mit Beteiligung des IGB haben nun erstmals die Effizienz konventioneller und molekularer Methoden am Beispiel von nichtstechenden Mücken verglichen. Und sie haben ein kombiniertes Verfahren entwickelt, mit dem sich die Mehrzahl der in einer Probe vorkommenden Arten identifizieren lässt, wenn nur 10 Prozent der Exemplare untersucht werden.

Nichtstechende Mücken sind ein wichtiger Indikator für das Gewässermonitoring | Foto: Valentyna Inshyna

Die Familie der Zuckmücken (Chironomidae) umfasst mehr als 7000 Arten kleiner Fliegen (Diptera). Aufgrund des aquatischen Lebensstadiums der Larven wird diese vielfältige Insektengruppe weltweit zur Überwachung der Wasserqualität eingesetzt. Trotz ihrer Bedeutung sind sie nicht einfach zu bestimmen, was die Überwachung der Wasserqualität erschwert. „Die Bestimmung von Zuckmücken ist auch entscheidend, um den anhaltenden Insektenrückgang zu verstehen und möglicherweise zu stoppen“, sagt Gregor Kalinkat, der an der Studie mitgearbeitet hat. Der Ökologe erforscht am IGB die Auswirkungen der Lichtverschmutzung auf die Insektenvielfalt.

Die Kombination von konventionellen und technologischen taxonomischen Ansätzen führt zu genaueren Ergebnissen

Die Studie wurde im Westhavelland im westlichen Brandenburg durchgeführt, wo ein 5 Meter breiter Entwässerungsgraben an eine Grünlandfläche im angrenzt. Das Team identifizierte dort mehr als 80 Arten nichtstechender Mücken. Es zeigte sich, dass mit der Bestimmung von weniger als 10 Prozent des Inhalts einer Probe 90 Prozent der darin enthaltenen Arten zuverlässig nachgewiesen werden konnten. Allerdings stellten die Forschenden auch fest, dass in diesem Fall 9 Prozent der Proben von den geschulten Entomolog*innen falsch identifiziert wurden. Diese Fehleinschätzungen wären ihnen in Kombination mit der zweiten Bestimmungsmethode, dem DNA-Barcoding, nicht passiert.  Dies ist eine Technik, bei der die DNA-Sequenz eines Exemplars mit einer Referenzsequenz verglichen wird, um festzustellen, ob es sich um eine bestimmte Art handelt oder nicht. Andererseits gelang es den Expert*innen, Proben zu bestimmen, bei denen die molekularen Methoden versagten. Dies war bei 14 Prozent der Untersuchungsobjekte der Fall.

Auf der Grundlage dieser Analyse entwickelte das Team ein wissenschaftliches Verfahren, das traditionelle und molekulare Ansätze zur Bearbeitung sehr großer Insektenproben kombiniert. „Mit dieser Studie haben wir schlüssig gezeigt, dass die aktuelle Debatte über die Rolle von ausgebildeten Taxonom*innen im Vergleich zur automatisierten Insektenbestimmung am Thema vorbeigeht, da Technologien die menschlichen Fähigkeiten zwar ergänzen, aber menschliche Expert*innen kaum ersetzen können. Erst die Kombination beider Ansätze ermöglicht die effiziente Verarbeitung immer größerer Mengen von Proben aus Projekten zum Insektenmonitoring", erklärt Viktor Baranov, Forscher an der Biologischen Station Doñana und Hauptautor der Studie.

Die Studie in PeerJ lesen >

Ansprechpersonen

Gregor Kalinkat

Postdoktorand*in
Forschungsgruppe
Lichtverschmutzung und Ökophysiologie

Franz Hölker

Programmbereichssprecher*in
Forschungsgruppe
Lichtverschmutzung und Ökophysiologie

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