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Neue Rote Listen: Amphibien und Reptilien in Deutschland stärker gefährdet als andere Arten

Zu den besonders gefährdeten Amphibienarten zählt unter anderem die Gelbbauchunke (Bombina variegata), ursprünglich eine Art der Auen, die heute hauptsächlich in Ersatzlebensräumen wie Abgrabungen zu finden ist. | Foto: Szabó Csilla/Federaţia Universitară Maghiară din Cluj-Napoca (Public Domain)

Bei den Amphibien und Reptilien ist der Anteil bestandsgefährdeter Arten höher als in jeder anderen Artengruppe in Deutschland. Bei allen Reptilienarten und fast allen Amphibienarten ist der Bestand in den vergangenen 120 Jahren zurückgegangen. In den letzten 20 Jahren hat sich die Situation für die meisten dieser Arten weiter verschlechtert. Die Hälfte der 20 untersuchten Amphibienarten ist in ihrem Bestand gefährdet, bei den Reptilien liegt der Anteil mit 9 von 13 noch höher. Die größte Bedrohung für Amphibien und Reptilien ist der Verlust ihrer Lebensräume.

Amphibien sind besonders empfindliche Indikatoren für den Zustand unserer Ökosysteme. Sie bewohnen oft feuchte Landlebensräume und als Larven meist auch Gewässerhabitate und ernähren sich von Insekten, Schnecken und Würmern. Dadurch sind sie auf vielfältigste Weise mit zahlreichen Ökosystemkomponenten verbunden: der Rückgang der Insekten betrifft sie ebenso wie die Anreicherung von Pestiziden im Nahrungsnetz.

Einer der Artexpertinnen und -experten, die die aktuellen Roten Listen für Reptilien und Amphibien von 2018 bis 2019 erarbeitet haben, ist der IGB-Forscher Matthias Stöck. Er und Kolleg*innen haben beispielsweise zusammengetragen, dass die Wechselkröte (Bufotes viridis) in Deutschland unter anderem durch anhaltende Lebensraumverluste in den Flussauen, die Beseitigung und Entwertung von Kleingewässern und Nassstellen, Dünger und Pestizide im Umfeld der Laichgewässer sowie Fischbesatz in Teichen gefährdet ist. Neben der Gefährdungssituation haben die Autorinnen und Autoren immer auch ein Paket an Schutzmaßnahmen benannt.

Des Weiteren wurde die nationale Verantwortlichkeit für die weltweite Erhaltung von Arten mit bedeutenden Vorkommen in Deutschland ermittelt. Solch eine erhöhte Verantwortlichkeit Deutschlands besteht beispielsweise für den Laubfrosch (Hyla arborea), dessen Bestand abnimmt. Was den Laubfrosch in seinem Bestand gefährdet, betrifft auch andere Amphibienarten: darunter die Austrocknung temporärer Flachgewässer in Flusslandschaften infolge des Klimawandels, die Intensivierung fischereiwirtschaftlicher Nutzung von Teichen und vor allem die akute Gewässerbelastung durch industrielle Landwirtschaft.

Über die Roten Listen in Deutschland

Für den Schutz der Artenvielfalt in Deutschland sind die „Roten Listen der Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands“ nach wie vor eine entscheidende (bürokratische) Grundlage. Sie dokumentieren den Zustand von Arten und die Entwicklung der biologischen Vielfalt sowie mittelbar die Auswirkungen menschlichen Handelns auf die Natur. Die Roten Listen zeigen auf, wo Handlungsbedarf besteht. Sie ermöglichen es, Naturschutzmaßnahmen zu gewichten, bei der Umsetzung Prioritäten zu setzen und weisen zugleich auf Forschungsbedarfe hin.

Teile dieses Textes basieren auf der gemeinsamen Pressemitteilung des Rote-Liste-Zentrums (RLZ) und des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) anlässlich der Veröffentlichung der aktuellen Roten Listen für Reptilien und Amphibien.

Ansprechpersonen

Matthias Stöck

Forschungsgruppenleiter*in
Forschungsgruppe
Genetik und Evolution von Fischen (und anderen Wirbeltieren)

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