Blitzlicht
Nadja Neumann

Wie viele Boote verträgt der Spreewald?

Der Spreewald ohne Kähne, Kanus und Kajaks – kaum vorstellbar. Denn die Menschen kommen nicht nur dorthin, um Gurken zu essen. Das Wasser in seinen vielen Ausprägungen macht dieses Biosphärenreservat besonders attraktiv: die natürliche Flussverzweigung der Spree, erweitert durch Kanäle, die Auen- und Moorlandschaft. Forschende des IGB erforschen dort in dem Projekt Aquatag, welchen Abdruck Freizeitboote in der Wasserlandschaft hinterlassen – bei den Pflanzen, Vögeln und Fischen.

Benjamin Wegner beobachtet und zählt die Vögel am Ufer der Spreewaldfließe. | Foto: Aquatag

Am Ufer des Bürgerfließes bei Lübbenau im Spreewald kontrolliert der IGB-Doktorand Benjamin Wegner ein Infrarot-Zählgerat, das in einem Holzpflock befestigt ist – kaum sichtbar für die vorbeifahrenden Boote, die der Sensor registriert. „Wir erhalten lediglich ein Signal für jede Person und jedes Boot. Die Zahlen werden in einer Datenbank gespeichert. Es werden keine personenbezogenen Daten erhoben oder Bildaufnahmen gemacht“, erläutert Benjamin Wegner.

Der Versuch ist Teil des Projekts Aquatag – Freizeitaktivitäten an Binnengewässern: Dynamik, ökologische Auswirkungen, soziale Bedeutung und nachhaltiges Management. In Aquatag untersuchen Forschende das Freizeitverhalten von Menschen in und an Binnengewässern. Im Spreewald möchte das Team messen, wie viele Boote und Menschen auf den Fließen unterwegs sind sowie ob und wie sich die Freizeitnutzung auf die Umwelt auswirkt. Dazu haben sie neun Streckenabschnitte von mindestens je 1,3 Kilometern Länge mit Infrarot-Zählgeräten versehen. Die Strecken sind so ausgewählt, dass sie in unterschiedlich stark befahrenen Gebieten liegen: drei nicht befahrene Fließe, drei wenig befahrene und drei stark befahrene Gewässerabschnitte.

„Im Spreewald dürfen zwar keine Motorboote fahren, aber auch beim Paddeln können Tiere gestört und Pflanzen beschädigt werden. Wir erforschen, wie ausgeprägt diese Effekte je nach Stärke der Nutzung sind“, erklärt IGB-Forscher Dr. Christian Wolter, der den Versuch leitet. Die Forschenden möchten insbesondere herausfinden, ob Schwellenwerte eine Rolle spielen – also Nutzerzahlen, ab denen kritische Schädigungen von Arten sehr wahrscheinlich sind.

Evaluierung der touristischen Nutzung des Biosphärenreservats

So kartiert das Team Ausprägung, Häufigkeit und mögliche Schäden der Wasser- und Uferpflanzen wie Hornblatt, Seerosen, Schilf und Seggen. Befischungen sollen Aufschluss darüber geben, ob die Zusammensetzung und Fitness der Fischbestände beeinträchtigt wird. Die Forschenden zählen und beobachten Vögel, um Unterschiede bei der Revierbildung und im Brutverhalten festzuhalten.

Die Verwaltung des Biosphärenreservats ist ein wichtiger Kooperationspartner für das Team – und gespannt auf die Daten. Denn die Verantwortlichen haben die Kanustrecken für den Spreewald festgelegt und können so evaluieren, wie sich Freizeitnutzungen, Tourismus und Naturschutz vereinbaren lassen. „Unsere Forschung kann ihnen helfen, den Spreewald sinnvoll zu managen – für Mensch und Natur. Das ist ein gutes Gefühl“, resümiert Benjamin Wegner.

Ansprechpersonen

Benjamin Wegner

Gastwissenschaftler*in
Forschungsgruppe
Fließgewässerrevitalisierung

Christian Wolter

Forschungsgruppenleiter*in
Forschungsgruppe
Fließgewässerrevitalisierung
Projekte

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